Aufnahmen werden in der Regel in gut klingenden Räumen durchgeführt,
deren Akustik der jeweiligen Musik angemessen ist und in denen
sich die jeweiligen Ensembles wohlfühlen. Sofern es sich dabei
um Konzertmitschnitte handelt, ist dabei ein wesentlicher Aspekt,
das Konzerterlebnis möglichst wenig zu beeinträchtigen. Es kann
also nicht darum gehen, die ganze Bühne mit Mikrofonen vollzustellen,
sondern es werden einige wenige, sorgfältig platzierte Mikrofone
verwendet, um ein authentisches Klangbild zu ermöglichen, aber
dennoch für die nötige Präsenz zu sorgen und auch Raum für musikalische
Nachbearbeitung zu lassen.
Zum besseren Verständnis werden die verschiedenen Mikrofonierungstechniken
näher erläutert:
Das Hauptmikrofon
Dreh- und Angelpunkt einer klassischen Musikproduktion ist das Hauptmikrofon. Hierbei
handelt es sich um ein Stereomikrofon (oder zwei entsprechend
positionierte Einzelmikrofone), das zentral vor dem Ensemble
positioniert wird, um so das Klanggeschehen umfassend, inklusive
Raumeindruck aufzunehmen. Für das Richtungshören sind dabei zwei
Effekte verantwortlich: Der Pegelunterschied zwischen den beiden
von den Ohren wahrgenommenen Signalen, und der Laufzeitunterschied
zwischen den beiden Signalen. D.h. ein Signal welches auf dem
rechten Ohr lauter ist und welches das rechte Ohr früher erreicht,
wird rechts wahrgenommen. Es haben sich verschiedene Standardkonfigurationen
für das Hauptmikrofon durchgesetzt, die auf dem Pegelunterschied
zwischen den Signalen beruhen (Koinzidenzstereophonie), auf dem
Laufzeitunterschied (Laufzeitstereophonie), sowie auf einer Kombination
von beidem (Äquivalenzstereophonie). Bei SchöneTöne kommen die
folgenden Verfahren zum Einsatz:
XY-Mikrofonierung
Die XY-Mikrofonierung ist ein klassisches Beispiel für Pegel-
bzw. Koinzidenzstereophonie. Zwei Richtmikrofone werden übereinander
so angeordnet, dass ihre Mikrofonkapseln genau übereinander liegen
und mit einem Winkel von 90 bis 120 Grad gegeneinander versetzt
sind. Dadurch entstehen nur Pegelunterschiede zwischen den beiden
Kanälen und keinerlei Laufzeitunterschiede. Diese Aufstellung
bringt einige Vorteile mit sich:
- Sehr gute Ortbarkeit der aufgenommenen Stimmen, bzw. Instrumente.
D.h. die Position der Signale lässt sich sehr gut auf der
Stereobasis wahrnehmen.
- Die Aufnahme ist monokompatibel. D.h. wenn das Stereosignal in
Mono wiedergegeben wird kommt es zu keinen Klangeinbußen,
da es keine Laufzeitunterschiede zwischen den beiden Kanälen
gibt. Dies ist u.U. bei anderen Verfahren der Fall, wenn
sich der rechte und linke Kanal aufgrund von Phasenverschiebungen
auslöschen.
Dem stehen allerdings auch einige Nachteile gegenüber:
- Der Aufnahme fehlt die Tiefenstaffelung, d.h. sie wirkt relativ
flach zwischen den Lautsprechern aufgereiht.
- Der Aufnahmewinkel ist sehr groß. Das bedeutet, dass z.B. bei
einem Mikrofonwinkel von 90 Grad und mit Mikrofonen mit Nierencharakteristik
der Aufnahmewinkel 196 Grad beträgt, d.h. dass der Klangkörper
vor den Mikrofonen eine Ausdehnung von 196 Grad haben muss,
damit die Stereobasis zwischen den Lautsprechern voll ausgefüllt
wird. Oder anders ausgedrückt, um auf der Stereobasis ganz
rechts abgebildet zu werden, muss ein Instrument 98 Grad
ausserhalb der Mikrofonmitte versetzt stehen. Damit ist dieses
Mikrofonsystem für die meisten Anwendungsfälle weniger geeignet.
Gut einsetzen lässt es sich aber z.B., um einen im Halbkreis
um die Mikrofone aufgestellten Chor aufzunehmen. (Nicht zu
verwechseln ist der Aufnahmewinkel mit dem Aufnahmebereich
der Mikrofone, der noch größer ist! D.h. der Huster schräg
hinter den Mikrofonen wird leider mit aufgenommen, aber eben
dann nicht innerhalb, sondern ganz außen auf der Stereobasis.)
AB-Mikrofonierung
Bei der AB-Mikrofonierung werden zwei Mikrofone, häufig mit
Kugel-Charakteristik, also keine Richtmikrofone, im Abstand von
30-60 cm (oder in Einzelfällen auch mehr) parallel auf das Klangereignis
gerichtet. Die damit aufgenommenen Pegeldifferenzen sind durch
den geringen Abstand und die ungerichteten Mikrofone sehr gering,
dafür ergibt sich aber ein Laufzeitunterschied zwischen den Signalen.
Die Vorteile dieses Verfahrens:
- Das Signal wirkt sehr räumlich, hat eine gute Tiefenstaffelung.
- Es können Druckmikrofone eingesetzt werden, die besonders gute
Klangeigenschaften haben und gegenüber sog. Druckgradientenmikrofonen
auch sehr tiefe Frequenzen aufnehmen können. Dies ist z.B.
für Orgelaufnahmen wichtig.
- Der Aufnahmewinkel lässt sich über den Mikrofonabstand gut variieren.
Bei 60cm Abstand beträgt er 118 Grad, rückt man die Mikrofone
weiter zusammen wird er größer.
Und hier die Nachteile:
- Bei guter räumlicher Darstellung ist wiederum die exakte Ortung
der Signale auf der Stereobasis schwieriger. Das Stereobild
ist verwaschener.
- Durch die Laufzeit- und damit Phasenunterschiede ist das Signal
unter Umständen nicht mehr monokompatibel. Das spielt aber
heutzutage weniger eine Rolle als früher. Allenfalls beim
Fernsehton kommt es heute noch auf eine gute Monowiedergabe
an.
- Kommen Mikrofone mit Kugelcharakteristik zum Einsatz, müssen
diese entsprechend näher am Klangereignis aufgestellt werden,
um die gleiche Balance zwischen Direkt- und Raumklang zu
erreichen. Dies ist unter Umständen nicht immer möglich,
insbesondere in sehr halligen Räumen.
ORTF-Mikrofonsystem
Dieses nach dem "Office de Radiodiffusion Télévision Française",
(dem französischen öffentlich rechtlichen Rundfunk von 1964-1974),
benannte Verfahren nutzt sowohl Laufzeit- wie auch Pegelunterschiede
und kommt daher dem natürlichen Hören, bei dem beide Phänomene
eine Rolle spielen, sehr nahe. Zwei Mikrofone mit Nierencharakteristik
werden im Winkel von 110 Grad und einem Kapselabstand von 17
cm montiert. Diese Aufstellung zeichnet sich durch einen guten
Kompromiss zwischen Ortbarkeit und räumlicher Abbildung aus.
Auch der Aufnahmewinkel von 98 Grad ist durchaus praxistauglich.
Stützmikrofone
In gut klingenden Räumen bei einem gut ausbalancierten Ensemble lassen sich mit einem
Hauptmikrofon alleine bereits gute Ergebnisse erreichen. Oft
wird man jedoch zusätzliche Stützmikrofone für Chor oder Gesangs-
und Instrumentalsolisten aufstellen. Die Gründe hierfür sind
vielfältig:
- Das Hauptmikrofon muss wegen eines sehr starken Hallanteils sehr
nahe an das Ensemble gerückt werden. Damit wird die Klangbalance
aus dem Gleichgewicht gebracht, da nun z.B. das Orchester
sehr nahe, der Chor aber relativ weit entfernt von den Mikrofonen
steht.
- Man möchte mit näher aufgestellen Mikrofonen mehr Brillianz und
Präsenz in den Klang bringen oder die Sprachverständlichkeit
des Chores oder der Solisten verbessern. Auch Atemgeräusche
oder der Anstrich einer Geige sind wichtige Klangkomponenten,
die von einem Hauptmikrofon alleine unzureichend aufgenommen
werden.
- Viele Hörer sind in ihrer Klangvorstellung von Popaufnahmen geprägt,
bei denen sehr dicht mikrofoniert wird, und vermissen bei
Klassikaufnahmen diese Präsenz.
- Der visuelle Eindruck geht bei der Wiedergabe der Aufnahme verloren.
Oft stehen Instrumentalsolisten aus dem Orchester bei Solopassagen
auf. Damit werden sie zwar sichtbarer, aber nicht lauter.
Um bei der Wiedergabe den gleichen Effekt zu erreichen, muss
man in der Lage sein, bei der Abmischung das entsprechende
Instrument hervorzuheben.
Jedes Stützmikrofon bringt aber auch Probleme mit sich. Zum Einen erhöht es den Rauschanteil
der Aufnahme, durch das Eigenrauschen des Mikrofons (bei guten
Studiomikrofonen eher zu vernachlässigen) und das Grundrauschen
des Raumes. Problematischer ist aber, da Stützmikrofone dasselbe
Instrument wie die Hauptmikrofone aufnehmen, dass dieses Signal
das Stützmikrofon wesentlich früher erreicht. Damit ergeben sich
Laufzeitdifferenzen, die dann durch Überlagerung zu Klangverfärbungen,
sog. Kammfiltereffekten führen können. Bei sehr großer Entfernung
auf sehr tiefen Bühnen kann es außerdem zu Verdoppelungen von
Instrumenten kommen, insbesondere bei perkussiven Instrumenten.
Hier muss unter Umständen das Signal des Stützmikrofones verzögert
werden. Ein drittes Problem ist die sogenannte "Kleinräumigkeit",
d.h. das Signal eines Stützmikrofons wird vom Ohr als eine Reflektion
von einer Wand interpretiert und die Aufnahme wirkt dadurch wie
in einem sehr kleinen Raum aufgenommen.
Daher müssen Stüzmikrofone sorgfältig positioniert, ggf. verzögert
und abgemischt werden.
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